Veröffentlicht am 05. Mai 2025

Benny Schey
Viele Selbstständige stehen am Anfang ihrer Website-Planung und stellen sich die Frage: „Brauche ich wirklich mehrere Seiten – oder reicht eine einzige?"
Die Antwort lautet: Ja, ein Onepager kann völlig ausreichen. Aber eben nur, wenn er bewusst konzipiert ist – und nicht als Ausrede dient, sich um Struktur, Inhalt und Wirkung zu drücken.
Denn ein Onepager ist keine reduzierte Website. Er ist ein fokussierter Kommunikationsraum, in dem alles klar, schnell und überzeugend passieren muss. Und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Gut konzipierte Onepager erzielen durchschnittlich 23% höhere Conversion-Raten als traditionelle Multi-Page-Websites – vorausgesetzt, sie sind strategisch durchdacht.
Was genau ist ein Onepager – und was macht ihn besonders?
Ein Onepager ist eine Website, bei der alle relevanten Inhalte auf einer einzigen, scrollbaren Seite untergebracht sind. Es gibt kein klassisches Menü mit Unterseiten – sondern eine klare, lineare Nutzerführung von oben nach unten.
Was simpel klingt, ist in Wahrheit oft die strategisch bessere Lösung. Während traditionelle Websites Informationen auf verschiedene Seiten verteilen und damit das Risiko eingehen, dass Besucher "verloren gehen", führt ein Onepager jeden Nutzer durch eine zusammenhängende Geschichte.
Der entscheidende Unterschied: Bei einer herkömmlichen Website entscheidet der Besucher, welche Seiten er besucht und in welcher Reihenfolge. Bei einem Onepager bestimmst du die logische Abfolge – von der ersten Aufmerksamkeit bis zur finalen Handlungsaufforderung.
Warum ein Onepager oft die psychologisch klügere Wahl ist
Weniger Ablenkung führt zu mehr Fokus
Psychologe Barry Schwartz bewies in seinen Studien: Zu viele Wahlmöglichkeiten führen zu Entscheidungslähmung. Das gilt auch für Website-Navigation. Wenn Besucher zwischen "Über mich", "Leistungen", "Portfolio", "Blog", "Kontakt" und "Preise" wählen müssen, entscheiden sich 40% von ihnen dafür, gar nichts zu klicken – und die Seite zu verlassen.
Ein Onepager eliminiert diese Entscheidungsparalyse komplett. Statt Besucher auf sechs Unterseiten zu schicken, die niemand wirklich liest, führst du sie auf direktem Weg durch dein Angebot. Du hast die Kontrolle über die Reihenfolge der Informationen – und damit über den Spannungsbogen deiner Kommunikation.
Mobile Performance als Wettbewerbsvorteil
Über 78% aller Website-Besuche finden heute auf mobilen Geräten statt. Ein Onepager funktioniert auf dem Smartphone nicht nur besser – er ist für die mobile Nutzung praktisch gemacht:
- Kein verschachteltes Menü mit winzigen Buttons
- Keine verwirrenden Navigationsebenen
- Einfaches Scrollen mit dem Daumen – die natürlichste Smartphone-Bewegung
- Schnellere Ladezeiten durch schlankere Architektur
Während traditionelle Websites auf kleinen Bildschirmen oft überladen wirken, entfaltet ein gut gestalteter Onepager auf dem Handy seine volle Wirkung.
Klarheit als strategischer Zwang
Ein Onepager zwingt dich dazu, deine Botschaft zu schärfen. Du kannst dich nicht hinter zig Seiten verstecken oder darauf hoffen, dass Besucher schon irgendwie durch dein Angebot navigieren werden. Du musst in wenigen Abschnitten zeigen, was du kannst, für wen du da bist – und warum das zählt.
Diese scheinbare Einschränkung ist in Wahrheit eine Qualität. Viele Unternehmer neigen dazu, ihre Website mit allem zu überladen, was sie jemals gemacht haben. Ein Onepager hingegen fokussiert auf das Kernversprechen und die wichtigsten Argumente.
Für wen ist ein Onepager die strategisch richtige Wahl?
Die Eignung hängt weniger von der Branche ab als vom Geschäftsmodell und der Kommunikationsstrategie. Besonders effektiv sind Onepager für:
Personal Brands und Selbstständige:
- Coaches, Berater, Kreative, Freelancer
- Einzelunternehmer mit einem klaren Hauptangebot
- Speaker und Trainer
- Menschen mit starkem persönlichen Stil
Lokale Dienstleister:
- Handwerker und Serviceanbieter
- Restaurants und Cafés
- Friseure und Kosmetikstudios
- Ärzte und Therapeuten
Spezielle Anwendungsfälle:
- Produkt-Launches und Kampagnen
- Event-Promotion
- Portfolio-Präsentationen
- Lead-Magnets für spezifische Zielgruppen
Ein wichtiger Punkt: Ein Onepager ist kein Ersatz für eine große Website – aber oft ein deutlich wirkungsvollerer Startpunkt. Viele erfolgreiche Unternehmer starten fokussiert und bauen erst später, wenn nötig, komplexere Strukturen auf.
Was ein wirkungsvoller Onepager unbedingt braucht
Ein Onepager hat keine zweite Chance. Alles passiert in einer Bewegung – vom ersten Eindruck bis zur Entscheidung. Deshalb muss jeder Abschnitt strategisch durchdacht sein.
Der Hero-Bereich als Türöffner
Die kritischen 5 Sekunden: Dein Hero-Bereich muss sofort drei Fragen beantworten:
- Wer bist du / was machst du?
- Für wen ist das relevant?
- Was bringt mir das?
Diese Klarheit entscheidet über Erfolg oder Misserfolg der gesamten Website. Während traditionelle Websites diese Information über mehrere Seiten verteilen können, muss sie bei einem Onepager sofort sichtbar und verständlich sein.
Strukturelle Logik statt inhaltlicher Stapelei
Eine bewährte Struktur folgt dem natürlichen Verkaufsprozess:
- Problem identifizieren – Besucher erkennen sich wieder
- Lösung vorstellen – Wert wird sichtbar
- Glaubwürdigkeit beweisen – Vertrauen entsteht
- Zum Handeln motivieren – Nächster Schritt wird klar
Jeder Abschnitt baut auf dem vorherigen auf und führt logisch zum nächsten. Das ist keine zufällige Reihenfolge, sondern strategische Informationsarchitektur.
Must-Have-Elemente für jeden Onepager
Unverzichtbar:
- Starker Hero-Bereich mit klarer Positionierung
- Konkrete Benefits statt allgemeiner Floskeln
- Sozialer Beweis (Kundenstimmen, Referenzen, Zahlen)
- Strategisch platzierte Call-to-Actions
- Mobile-optimierte Performance
Nice-to-Have:
- Sticky-Navigation mit Sprungmarken bei längeren Onepagern
- Subtile Scroll-Animationen zur Nutzerführung
- FAQ-Bereich für häufige Einwände
- Persönliche Geschichte oder "Über mich"-Sektion
Die größten Onepager-Fallstricke und wie du sie vermeidest
Fehler #1: Der "zusammengeworfene" Onepager
Ein Onepager funktioniert nur dann, wenn er durchdacht ist. Einfach alle Inhalte untereinander zu hängen ist keine Lösung – es ist eine Sackgasse.
Viele bauen einen Onepager, weil es „schnell gehen soll" oder weil sie sich nicht entscheiden wollen, was wichtig ist. Genau da beginnt das Problem. Ein guter Onepager ist keine Abkürzung – er ist das Ergebnis von Fokus.
Fehler #2: Das Scroll-Fatigue-Phänomen
Zu lange Onepager können ins Gegenteil umschlagen und Besucher ermüden. Die optimale Länge liegt bei:
- B2C-Onepager: 3-5 Bildschirmhöhen
- B2B-Onepager: 5-8 Bildschirmhöhen
- Darüber hinaus: Exponentiell steigende Absprungrate
Die Lösung: Strategische Kürze. Jeder Abschnitt sollte maximal einen Hauptgedanken transportieren. Nebensächliches gehört in separate Downloads oder Blog-Artikel.
Fehler #3: Navigation komplett vernachlässigen
Auch ein Onepager braucht Navigation – nur anders. Bei längeren Seiten ist ein Sticky-Menü mit Sprungmarken essentiell, damit Besucher gezielt zu interessanten Abschnitten springen können, ohne die lineare Struktur zu zerstören.
Performance-Vergleich: Onepager vs. traditionelle Websites
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
Conversion-Rates:
- Optimierte Onepager: 2,8% durchschnittlich
- Traditionelle Unternehmenswebsites: 1,9% durchschnittlich
- Verbesserung: +47% höhere Conversion-Rate
Mobile Performance:
- 34% schnellere Ladezeiten auf mobilen Geräten
- 28% niedrigere Absprungrate
- 2:34 Min. durchschnittliche Verweildauer vs. 1:12 Min.
Der Grund liegt in der fokussierten Nutzerführung, reduzierten Ablenkung und der für mobile Nutzung optimierten linearen Struktur.
SEO-Strategien für Onepager
Ein häufiger Einwand: "Aber was ist mit SEO?" Diese Sorge ist verständlich, aber oft übertrieben. Onepager-SEO funktioniert anders – nicht schlechter.
Die Vorteile:
- Alle SEO-Power konzentriert sich auf eine URL
- Höhere thematische Tiefe für das Hauptkeyword
- Bessere User-Signale durch längere Verweildauer
- Stärkere Link-Authority auf einer Seite
Die Herausforderungen:
- Weniger Long-Tail-Keywords abdeckbar
- Schwieriger für lokale SEO mit mehreren Standorten
- Begrenzte Content-Menge für umfassende Themenabdeckung
Die Hybrid-Lösung: Onepager für das Hauptgeschäft + Blog/Ressourcen-Bereich für Content-Marketing und Long-Tail-SEO. So bekommst du das Beste aus beiden Welten.
Technische Optimierung für maximale Wirkung
Die technische Umsetzung entscheidet über den Erfolg deines Onepagers. Hier die wichtigsten Stellschrauben:
Progressive Loading:
- Sichtbarer Bereich lädt sofort
- Weitere Inhalte laden beim Scrollen nach
- Reduziert initiale Ladezeit drastisch
Core Web Vitals optimieren:
- Largest Contentful Paint (LCP): Unter 2,5 Sekunden
- First Input Delay (FID): Unter 100 Millisekunden
- Cumulative Layout Shift (CLS): Unter 0,1
Mobile-First-Ansatz:
- Touch-optimierte Buttons (mindestens 44px)
- Optimierte Bildkompression für schnelle Ladezeiten
- Responsive Typography für alle Bildschirmgrößen
Branchen-spezifische Onepager-Strategien
Berater und Coaches: Die Expertise-Story
Für Unternehmensberater funktioniert die Onepager-Struktur besonders gut, weil sie eine zusammenhängende Geschichte erzählen können:
Bewährter Aufbau:
- Problem benennen: "Führungskräfte verlieren Zeit durch ineffiziente Meetings"
- Methode vorstellen: "Meine 3-Schritt-Methode für produktive Kommunikation"
- Ergebnisse zeigen: "Kunde X sparte 40% Meeting-Zeit, +23% Produktivität"
- Zusammenarbeit anbieten: "Buchen Sie Ihr Strategie-Gespräch"
Kreative und Designer: Portfolio mit Persönlichkeit
Kreative nutzen Onepager als Portfolio mit Persönlichkeit. Statt einer sterilen Galerie erzählen sie die Geschichte hinter ihrer Arbeit:
- Persönlicher Ansatz: Warum machst du, was du machst?
- Prozess-Einblicke: Wie entstehen deine Arbeiten?
- Ergebnis-Fokus: Was haben Kunden davon?
- Authentische Beispiele: Echte Projekte mit echten Ergebnissen
Lokale Dienstleister: Vertrauen und Nähe
Friseure, Handwerker oder lokale Serviceanbieter profitieren von der persönlichen Note eines Onepagers:
Vertrauen schaffen durch:
- Echte Gesichter statt Stockfotos
- Lokale Referenzen und Kundenstimmen
- Authentische Arbeitsbeispiele aus der Region
- Persönliche Geschichte: Warum gerade dieser Ort?
Onepager-Mythen vs. Realität
Mythos: "Onepager sind nur für kleine Unternehmen." Realität: Auch Konzerne nutzen Onepager für Produkt-Launches, Kampagnen oder Events. Es geht um den spezifischen Zweck, nicht die Unternehmensgröße.
Mythos: "Komplexe Dienstleistungen kann man nicht auf einem Onepager erklären." Realität: Ein Onepager erklärt nicht jedes Detail – er weckt Interesse und motiviert zu einem Gespräch. Komplexität reduzieren ohne zu vereinfachen ist eine Kunst.
Mythos: "Onepager sind schlecht für SEO." Realität: Sie sind anders für SEO. Die gebündelte Authority auf einer URL kann stärker sein als verteilte Signale auf vielen schwächeren Seiten.
Fazit: Weniger Seiten, mehr Wirkung – wenn du es richtig machst
Ein Onepager zwingt dich zu Klarheit. Er stellt den Inhalt über die Struktur – und die Struktur über die Eitelkeit. Wenn du genau weißt, was du anbietest, wie du arbeitest und wen du ansprechen willst, dann kann ein Onepager die präziseste und überzeugendste Website sein, die du je hattest.
Die Entscheidung für einen Onepager sollte nicht aus Bequemlichkeit getroffen werden, sondern aus strategischer Überzeugung. Wenn dein Geschäftsmodell, deine Zielgruppe und deine Kommunikationsziele zu diesem Format passen, kann ein gut konzipierter Onepager deutlich effektiver sein als eine traditionelle Website mit vielen Unterseiten.
Die wichtigste Erkenntnis: Es geht nicht darum, ob du viel oder wenig zu sagen hast. Es geht darum, das Richtige zur richtigen Zeit zu sagen – und deinen Besuchern eine klare Richtung zu geben.
In einer Welt voller Ablenkungen gewinnt nicht der mit den meisten Informationen – sondern der mit der klarsten Botschaft.